Fiji: viele neue Freunde, essen mit Fingern und eine Frucht, die Popo heisst
Schon im Flughafen von Nadi merkten wir, dass wir in einer anderen Welt angekommen waren. Schwülwarme, nach verbrannt riechende Luft, Menschen in bunter Kleidung, die ganz anders redeten, viel lustiger und schneller, und alles ganz wuselig. Ein Taxi (ohne Anschnallgurte!) brachte uns in einem Affentempo über Holperstrassen und Schotterpisten hupend zum Hotel. Inmitten von Bananenstauden und Zuckerrohr verbrachten wir einen schönen Tag am Pool und eine wunderbare Nacht in gemütlichen Betten, während vor unserer Zimmertür die Eidechsen hin- und herflitzten.
Am nächsten Morgen brachte uns ein lustiger und verrückter Taxifahrer zum Hafen von Denarau, wo der Yasawa Flyer schon bereit stand bzw. lag. In den 4,5 Stunden Fahrt, zum Teil durch hohe Wellen, fuhren wir vorbei an einigen Inseln der Mamanuca Gruppe (z.B. Castaway Island) und allen Inseln der Yasawas. Kleine und größere Paradiese, Palmen, türkises Meer und feiner Sandstrand, fast unwirklich war diese kleine Kreuzfahrt. Als wir ankamen auf Nacula Island, der nördlichsten der Yasawa Inseln, wartete schon Big Joe mit seiner Nusschale auf uns, denn wir hatten noch eine halbstündige etwas abenteuerliche Fahrt zum Navotua Village vor uns. Das Boot flitzte und hüpfte über die Wellen, die uns nassspritzen, während die Mittagssonne alles gab. Wir waren vielleicht froh, als das Dorf in Sicht kam! Am Strand stand schon das Empfangskommitee, half uns beim Aussteigen und mit einem herzlichen Bula wurde uns eine Blumenkette aus lauter duftenden Frangipaniblüten umgelegt.
Matelita, die Ehefrau des Dorfchefs, die von allen Taima oder Ma (Großmama) genannt wird, führte uns zu unserer Strandbure mit Hängematte und Palmen vor der Haustür. Die Bure (traditionelles fidschianisches Haus) war aus Holz gebaut, mit Reet gedeckt und innen Wänden aus Pappe. Gemütlich!
In Navotua wohnen 57 Erwachsene, 35 Kinder und 6 Älteste (hier gehört man ab 65 dazu, denn die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei nur 70 Jahren). Manche wohnen in Stein-, manche in Holzburen, manche aber auch in Wellblechhütten. Fließend Wasser gibt es nicht, hier ist nur ein Plumpsklo für das ganze Dorf (für die Touristen gibt es zum Glück eine Dusche und eine richtige Toilette). Das Wasser holt man aus einem Dorfbrunnen (zum Waschen) und aus einem Wasserspeicher (zum Trinken), der von Regenwasser oder von einem Wasserschiff aufgefüllt wird.
Strom kommt von einem Dieselgenerator (nur abends) und von kleinen Solarzellen, die fast jedes Haus hat. Fast alles hier ist für die Bewohner kostenlos. Fische aus dem Meer, Bananen, Papayas, Mangos, Brotfrüchte, Cassawa, alles dürfen sie sich nehmen und Miete muss niemand zahlen. Für Tee, Milch, Reis, Zucker und Mehl gibt es einen kleinen Laden, der die Dinge vom Festland verkauft. Das Geld dafür bekommen die Navotuaner vom Verkauf von Fischen und Krabben an die vielen Resorts und Cassawa ans Festland (und von uns Touris). Die Dorfbewohner haben Schweine, Hühner, Ziegen und Truthähne, die alle im Dorf frei herumlaufen und regelmäßig gefüttert werden. Bio-Qualität sozusagen.
Es gibt eine katholische Kirche, einen Kindergarten und eine Schule. Das Krankenhaus bzw der Arzt ist im Nachbardorf. Alle kümmern sich um einander. Hat einer viele Fische gefangen, teilt er sie mit den anderen. Man passt aufeinander auf und kümmert sich umeinander. Sie haben nicht viel, sind aber glücklich.
Und wir durften fast eine Woche an diesem glücklichen Dorfleben teilhaben.
Wir standen früh auf, um mit den in der Hängematte auf uns wartenden Kindern zu spielen, ins Meer zu hüpfen oder Muscheln zu sammeln. Um 8 Uhr gab es Frühstück bei Mela, unserer Lieblingsbäckerin, die mit einfachsten Mitteln die himmlischsten Pfannkuchen, Brötchen oder Donuts zauberte. Zum Mittag- und Abendessen wurden wir ‚herumgereicht‘, jeden Tag durften wir bei einer anderen Familie am Tisch bzw auf dem Boden sitzen. Denn die Fidschianer essen nicht wie wir, sie sitzen am Boden und in der Mitte liegt eine Art Tischdecke, auf der alle Speisen stehen. Und die werden mit den Fingern gegessen. So futterten wir die leckersten frisch gefangenen Fische, Dal (eine Art Erbsensuppe), Krebse, Cassawa (eine Wurzel, schmeckt wie Kartoffel), Reis, asiatische Nudeln, Brotfrüchte, Spiegelei (eine sehr schmierige Angelegenheit, für Kinder super!) und tranken gesüßtes Wasser oder Kokosmilch. Als Nachtisch gab es frisch gepflückte Mangos, die süß und saftig waren, kleine gelbe Bananen, Kokosnussfleisch oder eben die Paw-Paw (gesprochen: Popo) Frucht, die Papaya. Alle hockten um das Essen herum auf dem Boden, die Schuhe mussten vorher ausgezogen werden (man darf ein Haus nur ohne Schuhe betreten und Frauen müssen Schultern und Knie bedeckt halten). Wir saßen bei Mele und Auriopa, die beiden hatten erst im August geheiratet und erzählten uns von alten Bräuchen und neuen Sitten. Er verdient als Fischer sein Geld, taucht nachts ab mit Speer bewaffnet und kommt immer mit Beute zurück. Viele Fische gebe es hier, erzählte er uns, das Korallenriff quasi direkt vor der Haustür sei noch unberührt und unbeschadet und Heimat für die verschiedensten Meerestiere (Papa und Mama überzeugten sich beim Schnorcheln davon und waren begeistert). Mela erzählte uns, dass es hier üblich sei als Frau, dahin zu ziehen, wo der Mann wohnt bzw herkommt. Sie sei vom Festland (mit Strom, fließend Wasser, Diskos usw) und wohne nun hier in Navotua. Dabei guckte sie glücklich und verliebt ihren Ehemann an, der uns verriet, er wünsche sich 15 Kinder!
Bei Panapasi und seiner Frau erfuhren wir, dass viele Kinder bei den Großeltern aufwachsen und die Mama wieder heiratet und dann mit der neuen Familie woanders wohnt. Das sei hier total normal und die 3 Enkel, die um ihn herumhüpften, bestätigten ihn.
In Fidschi sind Rituale sehr wichtig. Als Besucher muss man Kava (eine berauschende Wurzel) besorgen und diese dem Dorfchef präsentieren. So saßen wir bei Taima und dem Chief, die Wurzel wurde in einem besonderen Gefäß zu Pulver gestampft, das Pulver wurde in ein Tuch gesteckt und dieses wurde im speziellen Kavagefäss, gefüllt mit Wasser, geknetet. Diese ‚braune Brühe‘ tranken die Erwachsenen reihum, sagten ganz oft Bula und klatschten im speziellen Takt. Unseren Eltern schmeckte der beliebte Trank nicht so sehr und wir waren froh, ihn nicht trinken zu dürfen! Am Entertainment Abend gab es auch Kava, aber vorher zeigten uns hier alle, was sie drauf hatten. Es wurde gesungen und getanzt und alle trugen ihre eindrucksvolle traditionelle Tracht. Zum Schluss durften wir auch mittanzen und hatten viel Spaß!
Noch mehr Spaß hatten wir beim Besuch der Schule und des Kindergartens. Wir durften mitmachen und mitspielen mit unseren Freunden. Im Klassenzimmer standen kleine Tische und Stühle wie bei uns im Kindergarten, es gab Bücher, Puzzles und natürlich eine große Tafel. Am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien bekamen alle Kinder Geschenke (Zahnbürsten, Tennisbälle, Luftballons) und wurden richtig gefeiert. Ganz stolz sahen sie aus und wir klatschten ganz laut mit zur Verabschiedung.
Dann kam leider auch der Tag unseres Abschieds. Wir packten alles wieder in unsere Rucksäcke, räumten unsere Bure auf und gingen zu unseren besten Freundinnen Mila und Titi, um ihnen ein paar unserer T-Shirts und Spielsachen zu schenken. Big Joe wartete schon in seinem Boot auf uns und am Strand standen viele, um uns zu verabschieden. Viele Umarmungen und Küsse gab es und dazu wieder eine duftende Frangipaniblütenkette. Es ging raus aufs Meer und wir winkten und riefen ganz laut ‚Moce‘ (Tschüss) und ‚Vinaka‘ (Danke) und wer weiß, vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder, Navotua.
Wir waren übrigens nicht die einzigen Homestay Gäste (hört sich besser an als Touris). Und wir sind froh darüber, denn wir haben nicht nur fidschianische Freunde gewonnen, sondern dänische (eine Familie aus Süd DK, die 10 Monate reisen und die wir in NZ treffen werden), holländische (ein liebenswertes und lustiges Lehrerehepaar, die wir auf jeden Fall in Holland besuchen werden, denn wir haben sie ins Herz geschlossen) und zwei junge Frauen aus NZ (obwohl die eine eigentlich aus Irland und die andere aus Kalifornien kommt, die beiden besuchen wir natürlich auch, wenn wir in NZ sind). So viele neue Freunde!
Mit den Holländern waren wir angereist, mit den Neuseeländerinnen zusammen wurden wir von Big Joe zur Blue Lagoon gebracht. Und während wir hier auf die Fähre warteten, schwammen alle im glasklaren Wasser zwischen bunten Fischen, aßen am feinen weißen Sandstrand das Mittagessen, was Taima uns mitgegeben hatte und träumten von Navotua.
Hier ist Fidschi noch nicht zu Ende. Wir hatten für die letzten 3 Nächte ein Hotel 1 Stunde südlich von Nadi an der Coral Coast gebucht und hier genießen wir die Dusche, den Pool, richtige Betten und das Internet. In Deutschland schneit es, hier strahlt die Sonne vom blauen Himmel bei über 30 Grad. In genau einem Monat wird unser kleines Reiseabenteuer vorbei sein und wir sitzen unter dem Tannenbaum mit einem warmen Kakao.
Aber morgen früh geht’s erstmal weiter nach Neuseeland und wir sind sehr gespannt, was uns erwartet!
Moce Fiji, Moce Navotua und Vinaka!